»Ich bin in einer fremden Stadt. Schreibe an einem fremden Tisch, in einem Haus, das nicht das meine ist. Mir ist bewusst, dass es ohnehin nirgendwo auf der Welt ein Haus oder einen Tisch geben kann, die mir gehören. Und dass mich das längst nicht mehr schmerzt… Dabei ist keine Stadt fremd genug. Die Bäume sind dieselben Bäume, der Beton derselbe Beton. Vielleicht, sage ich mir, bist du diesmal da, wo du sein willst. Du hast mittlerweile gelernt, die Zwischenstationen zu lieben.

Du musst dieses Verlorenheitsgefühl auskosten. Die Gelöstheit, welche die Identitätslosigkeit –soweit das möglich ist!– erzeugt, ist schwindelerregend, so banal wie außergewöhnlich. Indem ich den Pfropfen im Gedächtnis lockere, ermögliche ich der Vergangenheit, still und leise zu entweichen, und so schaffe ich Platz für Neues, für den Zukunftsgedanken… Sich auf die Zukunft vorbereiten, wie auf einen strengen Winter…«

Aus: Aslı Erdoğan, »Hayatın Sessizliğinden«
Übersetzung: Sara Heigl


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